Erwin Lüllau ist einer der Letzen seiner Art

Erwin Lüllau ist einer der Letzen seiner Art

Grevelau (mab). Was macht ein Stellmacher? Kaum jemand aus der jungen Generation weiß eine Antwort, denn der alte Handwerksberuf, der bis Mitte des vorigen Jahrhunderts in fast jedem Dorf vertreten war, ist fast ausgestorben. Der 82-jährige Erwin Lüllau aus Grevelau dürfte in Harburg Stadt und Land einer der letzten sein, der noch mit eigener Hand hölzerne Wagenräder, Schubkarren, Transportschlitten, Heurechen und Spatenstiele gefertigt hat.

Wie sein Vater, Großvater und Urgroßvater zuvor hat Erwin Lüllau gelernt, mit Hartholz umzugehen. Stellmacher besaßen Sensibilität für ihren Werkstoff. Sie suchten im Wald selbst die geeigneten Stämme aus, schlugen das Holz mit eigener Hand und lagerten es zur Trocknung drei bis vier Jahre lang. Während Kutschwagenräder aus schön gemasertem Eschenholz gefertigt wurden, nutzte man für Ackerwagen die robuste Eiche.

Der Umbruch erreichte die Betriebe in der Umgebung Harburgs kurz nachdem Erwin Lüllau seine dreijährige Ausbildung in der Stellmacherei Simon in Ashausen beendet hatte. „1949 standen plötzlich ein Dutzend Ackerwagen im Hof, die kein Bauer mehr haben wollte, weil die Phoenix erstmals Gummireifen für Plattformwagen anbot“, erinnert er sich. Binnen kürzester Zeit mussten sich die Stellmachereien umorientieren, wurden zur Zimmerei oder Tischlerei. Wer nicht flexibel reagierte, ging pleite. Viele Stellmacher verloren ihre Arbeit, auch Erwin Lüllau. Während etliche Kollegen im Eisenbahn-Waggonbau unterkamen, fand er nach einem beruflichen Intermezzo als Elektro-Schweißer auf der Howaldtswerft eine Stelle im Fahrzeugbau. Bei der Harburger Firma Albers in der Hannoverschen Straße montierte er hölzerne Klappen und Böden von Anhängern und setzte Untergestelle und Pritschen aus Hartholz auf Lastwagen.

Ein schwerer Arbeitsunfall Mitte der 1960er Jahre zwang Erwin Lüllau umzuschulen. Fortan arbeitete er im Büro. Doch nach Feierabend und an Wochenenden trieb es den Familienvater in die heimische Werkstatt. Sogar Ehefrau Emilie musste mit anpacken, wenn große Bohlen durch die gewaltige Bandsäge zu schieben waren.

Bis heute sieht es so aus, als hätte er die Arbeit, die ihm so viel bedeutet, nur kurz unterbrochen. Meterlange Band-Sägeblätter sind sauber aufgerollt, Stechbeitel und Handsägen hängen aufgereiht über der Hobelbank. Auf der urtümlichen, von einem ledernen Keilriemen angetriebenen Radmaschine steht noch eine Nabe aus Eiche. Die länglichen Zapflöcher für die Speichen sind bereits gebohrt.

Doch die Stellmacherei rentiert sich nicht mehr. „Handarbeit hat eben ihren Preis und den wollen die Leute heute nicht zahlen. Kutschen werden jetzt fast immer aus Polen bezogen“, weiß Erwin Lüllau. Sein Vater lieferte noch große Mengen handgefertigter Spaten-Stiele aus Buchenholz in die Vierlande. Doch wo einst Frauen umgruben, lockern heute Maschinen die Erde in den Gewächshäusern auf und Spaten-Stiele werden ebenso industriell gefertigt wie Schaufelblätter. Ernst Lüllau dagegen hatte einst mit einem Schmied aus Zollenspieker kooperiert.

„Schmiede, die noch fachmännisch den Metallring um ein Speichenrad setzen können, gibt es ja kaum noch“, sagt Erwin Lüllau. Es ist eine große Kunst, das Metall genau zu bemessen und den glühenden Reifen so geschickt über das Holzrad zu ziehen, dass er nach dem Abkühlen genau passt.

Früher hat Erwin Lüllau seine Produkte in weitem Umkreis in Heimatmuseen und bei Handwerkermärkten verkauft. In seinem Lager stehen noch letze Exemplare hölzerner Schubkarren, Speichenräder und Heurechen. Getrocknete gebogene Weidenzweige, geschnitten und geschält von Emilie Lüllau, hängen in Bündeln von der Decke. Sie werden wohl nie mehr zur Versteifung einer Harke beitragen.

Info: Den Beruf des Stellmachers gibt es, seit vor Jahrtausenden hölzerne Scheiben durch Speichenräder ersetzt wurden. Im Wagenbau wurden zuweilen Radmacher und (Ge)stellmacher unterschieden, zumeist aber übernahm der Stellmacher auch die Fertigung der Räder mit Nabe, Speichen und Felgen. Den Eisenreifen, der das Rad zusammenhält, setzt ein Schmied.

BU: Erwin Lüllau zeigt die Restbestände seiner Produktion: hölzerne Schubkarren, Speichenräder, Heurechen, Spatenstiele und Sensenstangen. Foto: mab

BU: Erwin Lüllau in seiner Werkstatt. Vorn eine Nabe aus Eichenholz, im Hintergrund das große Rad der Bandsäge.

 

Fast vergessen: der Beruf des Tallyman

Tallymann

Wer kennt ihn nicht, den „Banana Boat Song“ von Harry Belafonte? „Come, Mister tally man, tally my banana!“ Kommen Sie, Tallymann, zählen Sie meine Bananen – das klingt nach stupidem Aushilfsjob. Falsch! Tallymänner waren hochqualifiziert und genossen als ungekrönte Könige im Reich der Seehäfen hohes Ansehen.

„Wir galten was im Hafen, weil wir nicht selbst anpacken mussten, sondern nur dokumentiert haben. Die Reedereien waren abhängig von unserer Arbeit. Denn nach unseren Maßen berechneten sich die Staupläne und der Wert der Seefracht, da ging es um hohe Summen“, sagt Bernd Heckler. Der 64-Jährige ist einer der wenigen, die den Beruf des Tallymanns erlernt haben und heute noch im Hamburger Hafen tätig sind. Der Er gehörte zu den Kontrolleuren, die beim Laden oder Löschen die über die Kaikante gehenden Mengen erfassten und auf äußerlich erkennbare Schäden prüften. Sie wurden von allen Hafenarbeitern mit den höchsten Gehältern entlohnt und genossen in Hamburg auch Arbeitsplatzgarantie. Wenn sie nicht von einer Tallyfirma beschäftigt wurden, übernahm der Gesamthafenbetrieb ihre Vermittlung – ein frühes Modell der Leiharbeit.

Bernd Heckler, aufgewachsen in Kirchdorf, heute in Radbruch ansässig, wurde von 1960 bis 63 ausgebildet. A.H. Laudi mit Sitz am Baumwall war damals eine von rund 15 Tallyfirmen der Hansestadt. Auch Volkschüler bekamen eine Lehrstelle als Tallymann, sofern sie gut rechnen konnten und eine gut leserliche Handschrift hatten. Der selbst erststellte Stauplan war gewissermaßen ihre „Visitenkarte“. Wegen der internationalen Schiffsbesatzungen waren englische Sprachkenntnisse unverzichtbar, das verrät schon die Berufsbezeichnung. Das englische Wort „tally“ heißt Strichliste, das Verb „to tally“ bedeutet abhaken, nachzählen.

Bernd Hecklers Handwerkszeug waren der geeichte Maßknüppel, Rechenmaschine und der „Faulenzer“, ein Tabellenwerk, das das Rechnen erleichterte. Seine Ausbilder waren ausnahmslos Kapitäne. Denn bevor Mitte der 1950-er Jahre der Lehr-Beruf des Tallymanns geschaffen wurde, hatten Nautiker die verantwortungsvolle Aufgabe erfüllt. In den 70-ern wurden die Berufe des Tallymanns und des Quartiersmanns, der für die Prüfung der Qualität der Waren zuständig war, zum Beruf des Seegüterkontrolleurs zusammengefasst. 2006 wurde dieser Beruf wiederum durch die „Fachkraft für Hafenlogistik“ ersetzt, eine noch breiter gefächerte Ausbildung.

Im Grunde sei das zu unspezifisch, um die Aufgaben optimal erfüllen zu können, findet Bernd Heckler. Es herrsche Mangel an Fachkräften. „Heute würden gut ausgebildete Tally-Vormänner mit Kusshand genommen.“ Als die Container ihren Siegeszug antraten und kaum noch Stückgut verladen wurde, lösten sich fast alle Tallyfirmen auf. Dennoch landete kaum ein Tallymann auf der Straße. Aufgrund ihrer Kenntnisse fanden die meisten Arbeit in Leitungspositionen bei Hafenbetrieben.

Bernd Heckler hatte während der 35-jährigen Tätigkeit bei seiner Lehrfirma beste Kontakte zu Reedereien in aller Welt geknüpft und deshalb noch Anfang der 90-er Jahre die Gründung eines eigenen Tally-Unternehmens gewagt. 2006 hat er die Marax-Shipping-Service GmbH aufgelöst und einen neuen Job bei der Buss Hansaterminal GmbH angenommen.

Nun ist er Leiter einer Packstation und lässt Container nach Plan füllen. Er tut im Grunde das, was er sein Leben lang gemacht hat: Feststellen der Stückgutanzahl und Kontrolle auf Beschädigungen. Elektronische Datenverarbeitung erleichtert die Arbeit enorm. Was heute aus- oder eingepackt wird, wird gescannt, Ladelisten werden einfach ausgedruckt. Vorbei die Zeit, da Fracht-Papiere mit siebenfachem Durchschlag per Hand ausgefüllt werden mussten. Längst passé auch die Ära unendlich langer Arbeitszeiten. „Man kann sich heute gar nicht vorstellen, wie viel wir früher gearbeitet haben. Zwei bis drei Schichten mit jeweils acht Stunden hintereinander waren normal. Als junger Mann habe ich manchmal sogar fünf bis sechs Schichten ohne Unterbrechung gemacht.“

Bernd Heckler trauert dennoch der Vergangenheit nach, als Schiffe zum Löschen und Laden bis zu einer Woche am Kai lagen und sich Freundschaften zwischen Tallymännern, Ladeoffizieren und Kapitänen entwickeln konnten. „Der Ton ist kälter geworden im Hafen. Was früher per Handschlag besiegelt wurde, geht heute per E-Mail.“ An seinem 65. Geburtstag wird Bernd Heckler deshalb in Rente gehen, obwohl man ihn gern noch weiter beschäftigen würde.

Info: Im Hamburger Hafen werden große Mengen Bananen umgeschlagen. Noch in den 1960er Jahren wurden die Früchte unverpackt als große Büschel geliefert. Der Tallymann verwendete ein Handzählgerät für die Ermittlung der Lademenge. Später wurden zunehmend „Bananenhände“ in Kartons verschickt. Heute kommen sie in Kühlcontainern.

Schlafende Schönheit

Ein Naturspektakel besonderer Art ist die hohe Steilküste von Huntstanton, die sich wie eine gewaltige Mauer am Meer entlangzieht, mal in Rostrot, Ockergelb oder Schneeweiß leuchtet

Mit dem Wohnwagengespann kreuz und quer durch Suffolk und Norfolk.
Eine Begegnung mit blühenden Heidelandschaften, langen Sandstränden,
seltenen Tieren und netten Menschen

Die Zigeunerin versenkt ihren Blick tief in meine Augen – und in ihre Kristallkugel. Dann prophezeit sie mir eine glückliche Begegnung. Wir haben unseren modernen Campingwagen nebenan geparkt und sitzen nun in ihrem mit grüner Seide überspannten goldenen Karren auf einer Wiese in Norfolk weit ab von jedem Jahrmarktrummel. „True fortune teller“ wirbt ein Schild am Rande der holprigen Küstenstraße irgendwo zwischen den Ortschaften Cley-next-the-sea und Weybourne.

Nur ein paar Kilometer weiter, an „Blakeney Point“, erlebe ich ein paar Stunden später tatsächlich ein Zusammentreffen besonderer Art. Beim Baden am nördlichsten Punkt Norfolks werde ich von drei Robben umkreist, die mich unverwandt mit ihren schwarzen Knopfaugen fixieren. Eben noch habe ich selbst vom Boot aus fasziniert eine Kolonie hunderter träge am Strand liegender Seehunde beobachtet. Jetzt sind die Rollen zwischen Tier und Mensch vertauscht – das Trio inspiziert mich ohne Scheu mit großer Neugier.

Kreuz und quer habe ich Suffolk und Norfolk mit dem Wohnwagengespann, per Rad und zu Fuß durchstreift, dabei größere Städte und Hauptverkehrsrouten gemieden und ein bezauberndes und wundersames Land erlebt. Die Männer, die in Suffolk im „Ship Inn“, dem letzten Pub von Dunwich sitzen, behaupten, dass von den Klippen aus noch der Klang der Glocken der längst im Meer versunkenen Kirche zu hören ist. Die See hat im Laufe der Jahrhunderte den einst blühenden Ort verschluckt. Noch stehen zwischen Dunwichs Heide und der bröckelnden Steilküste die Überreste eines Franziskanerklosters. Doch es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass auch sie bald ein Opfer der unbarmherzigen Brandung werden. Was die See hier wegreißt, wird weiter südlich wieder angeschwemmt.

Idyllische Orte, gepflegte Häuser, einsame Buchten, Sandbänke,
auf denen sich
Seehunde tummeln – alte Traditionen und
Naturschutz stehen hier hoch im Kurs

Eine Augenweide: Gepflegte Häuserzeile mit blühenden Stockrosen in Aldeburgh

In Orford bezeugt noch eine Burgruine die Bedeutung dieses ehemals großen Hafens. Heute sind die Kais nahezu komplett versandet. Aldeburgh, zur Zeit König Heinrichs des VIII. ein florierender Handelshafen, ist heute ein ruhiges, überaus pittoreskes Küstenstädtchen. Am Strand bieten die Fischer ihren Fang feil, im winzigen ehemaligen Rathaus informiert ein Museum über die wechselvolle Ortsgeschichte. Bezaubernd und auch bei Engländern äußerst beliebt ist Southwold mit seinem weißen Leuchtturm mitten im Ort. Wer auf originelle Weise etwas über die Vergangenheit des Suffolker Seebads erfahren möchte, sollte den skurrilen „Sailors’s reading room“ aufsuchen. Der öffentliche Lesesaal ist eine Art Museum mit geblümten Ohrensesseln und von Zeitungen überladenen Tischen, mit Galionsfiguren, alten Fotografien von Seeleuten und Sturmfluten sowie Schiffsmodellen in Vitrinen. Eine viktorianische Kapitänswitwe soll das Backsteinhaus anno 1864 in der Hoffnung gestiftet haben, dass die Fischer künftig mehr lesen und weniger trinken würden.

Fangfrischen Fisch gibt es auch heute noch in den verwitterten Hütten am Ufer des River Blyth. Eine Ruderbootfähre verbindet den Hafen von Southwold mit dem romantischen Walberswick am anderen Ufer. Für 80 Pence pro Person kann man sich täglich bei jedem Wetter ins winzige Fischerdorf, das Ende des 19. Jahrhunderts eine blühende Künstlerkolonie war, übersetzen lassen. Southwolds Strand säumen bonbonfarbene Badehäuser und ein restaurierter viktorianischer Pier. Eine Seebrücke gibt es in Ostengland sonst nur noch in Hunstanton, einem viktorianischen Badeort an Norfolks Nordküste. An Hunstantons moderner Mole wird in riesigen Spielhallen Bingo gespielt und an „Einarmigen Banditen“ gezockt. Das nostalgischeFlair des Ortes mit den ehemals hochherrschaftlichen Backsteinvillen an der Küstenstraße geht durch den Massenbetrieb leider weitgehend verloren.

Der Export von Salz, Getreide, Wolle und Tuch, das in den Webereien
der Gegend produziert wurde, machte diesen Landstrich reich

Das Tudorschloss Oxburgh Hall aus dem15. Jahrhundert ist von einem Graben umgeben

Imposant und sehenswert ist aber die Steilküste, die sich östlich von Hunstanton dreifarbig in Rostrot, Ockergelb und Schneeweiß nahezu senkrecht aus dem Meer erhebt. Der Sandstrand und das flache Ufer sind bei Familien beliebt. Etwas museal und unbelebt wirkt der historische Stadtkern von King’s Lynn. Im Mittelalter war die Stadt an der Mündung der Great Ouse in den Wash eine von vier Niederlassungen der Hanse in Großbritannien. Importiert wurden Luxusartikel wie Wein aus der Gascogne, Pelze aus Sibirien, flämische und italienische Gewänder. Exportiert wurden vor allem Salz, Getreide, Wolle und Tuch. Wie reich die Tuchhandelsstädte und Weberdörfer einst waren, beweisen nicht nur überall im Land die riesengroßen Kirchen, sondern auch die Fachwerkhäuser, die in besonders verschwenderischer Fülle in Lavenham in Suffolk zu besichtigen sind. Bedauerlich, dass der Marktplatz mit der prächtigen um 1520 erbauten „Guildhall“, dem Gildehaus, von parkenden Autos zugestellt ist. Nicht so der grüne, von Bäumen beschattete Anger im nahe gelegenen Cavendish. Auch Clare ist eines der charmanten alten Weberdörfer mit einer Burgruine am Ortsrand.

Weitaus gewaltiger ist die Festung von Castle Acre in Norfolk. Da der heute winzige Weiler bei Swaffham außer der mächtigen Burganlage auch eine gewaltige Klosterruine und malerische, nahezu ausschließlich aus Feuerstein erbaute Häuser aufzuweisen hat, wurde das Dorf komplett unter Denkmalsschutz gestellt. Historische Wege, Gebäude, Kultur und Natur – in England wird all dies liebevoll bewahrt. Meist mit beträchtlichem persönlichen und finanziellen Aufwand privater Vereine und ehrenamtlicher Helfer.Die Engländer lieben ihre gepflegten Parks mit blühenden Beeten, penibel gestutzten Hecken und Rasenflächen. In Blickling Hall bei Aylsham nördlich von Norwich werden eigens Fahrräder vermietet, damit die Besucher die mit uralten Bäumen bestandenen Ländereien rund um das Schloss erkunden können.

Die Broads nordwestlich von Norwich sind eine Landschaft, die am besten vom Wasser aus zu erkunden ist – ein 200 Kilometer langes Netz schiffbarer Wasserstraßen. Überall sind hier Boote zu mieten. Weiße Motorboote und Segel scheinen an Windmühlen vorbei durch die Wiesen zu gleiten. Flüsse, Kanäle und Seen – mit Wasser gefüllte Torfstiche aus dem Mittelalter – bilden heute ein Naturschutzgebiet. Ausbeutung der Natur in früheren Jahrhunderten schuf auch die Brecklands bei Thetford. Durch Überweidung war hier einst eine von Sandstürmen heimgesuchte Wüste entstanden, heute erstreckt sich dort Englands größtes Waldgebiet, nur stellenweise hat man die karge Heidelandschaft erhalten.

Schon bald nach der Blüte des Mittelalters versank Ostengland im Dornröschenschlaf. Die industrielle Revolution ist an dieser Region vorüber gegangen und lange Zeit auch der Tourismus. Die Gegend ist nach wie vor der Inbegriff britischer „Countryside“, und damit ein Geheimtipp für Romantiker und Individualisten, für Naturliebhaber, Historienfans und Kulturbegeisterte.

Ich habe die abwechslungsreiche Landschaft mit lieblichen Flussauen und sanften Hügeln in vollen Zügen genossen. Die sandigen Heiden, saftigen Marschen, kargen Moore, dichten Wälder, wogenden Kornfelder und von hohen Hecken gesäumten Wiesen. Ich war fasziniert von den Küsten, an denen flache Kieselstrände und schroffe Steilufer wechseln, von den langen einsamen Sandstränden zwischen Cromer und Great Yarmouth. Ich habe mein Haar im warmen Sommerwind flattern lassen und andächtig den Geräuschen der von Prielen durchschnittenen und durch vorgelagerte Dünengürtel und Strandwälle geschützten amphibischen Landschaft im Norden gelauscht. Bei Ebbe ist das Knistern der Wattwürmer und das Jubilieren der Lerchen über endloser, von Queller und Strandflieder bewachsener Weite zu hören. Ich habe mich natürlich ebenso über die überaus offenen, aufmerksamen, freundlichen, zuvorkommenden und hilfsbereiten Menschen gefreut.

Jetzt weiß ich: Die Wahrsagerin hat Recht behalten. Ich hatte eine Begegnung, die mich glücklich macht. Ein geradezu intimes Treffen mit Ostengland

Charakteristisch für die Promenade und den Strand von Southwold sind die Badehäuser

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Unter weitem Himmel

Stellplatzcheck: Dithmarschen /Nordfriesland

Land der Horizonte – mit diesem Slogan wirbt Deutschlands nördlichstes Bundesland für sich. An Schleswig-Holsteins Westküste schweift der Blick kilometerweit über fruchtbares Weide- und Ackerland, eben wie eine Tischfläche. Nur die Deiche, mit deren Hilfe Generationen von Menschen im Lauf von Jahrhunderten der Nordsee Koog um Koog abtrotzten, begrenzen die Weite.

Wenn die Sonne den Nationalpark Wattenmeer in eine schimmernde Silberfläche verwandelt, Schäfchenwolken über den Himmel treiben und Lämmer am Gras der Salzwiesen zupfen, scheint der Friede vollkommen. Doch wenn stürmischer Nordwest weiß gischtende Brecher gegen die grünen Bollwerke branden lässt, zeigt die Natur ihre Kraft. Reisemobilurlauber finden eine Vielzahl von Stellplätzen, um die herbe Schönheit der Region zu entdecken.

–          Wöhrden, Gasthof Altwöhrden

Wir verlassen die Autobahn A 23 bei Heide-West und folgen der B 203 in Richtung Büsum. Am Kreisel biegen wir links ab auf die L 153. Wir ignorieren das erste Hinweisschild zum Gasthof Altwöhrden, denn es führt mitten in die schmalen Gassen des Zentrums. Am Ortsausgang in Richtung Meldorf folgen wir einem zweiten Hinweisschild und biegen rechts in den Schwarzen Weg ein. Wo die Straße endet, befindet sich vor einem kleinen Stallgebäude der nicht gekennzeichnete Schotterparkplatz für Reisemobile. Er bietet maximal zwei kleineren Fahrzeugen Platz – sofern er nicht von Pkws der Restaurantgäste  besetzt ist. Wir stärken uns in der nostalgisch eingerichteten Gaststube mit deftiger norddeutscher Küche und machen anschließend einen Bummel durch den Ort. Ein ausgeschilderter „Kulturpfad“ verbindet die schönsten Häuser.

–          Meldorf Hafen/Speicherkoog

Wir fahren auf der L 153 weiter Richtung Meldorf. Nach etwa zehn Kilometern, kurz vor der Stadtgrenze Meldorfs, weist nach einer lang gestreckten Linkskurve ein Schild zum Meldorfer Hafen und zum Speicherkoog. Hinter dem Hauptdeich befindet sich links eine kleine Marina, rechts ein zum See aufgestautes Flüsschen. An dessen Ufer und am Deich reihen sich Wohnmobile und Caravan-Gespanne, vornehmlich von Wind- und Kite-Surfern und naturkundlich interessierten. Ein Gebäude mit Imbiss, Sanitäranlagen und Strandkörben liegt direkt an der Schleuse. Eine Ver- und Entsorgungsstation soll 2012 entstehen. Die Stellplätze in der Nähe des Hauses haben Stromversorgung, die Kosten sind in der Übernachtungspauschale von 6 Euro inbegriffen. Wir verzichten auf diesen Luxus und wählen einen Platz mit viel Abstand zum Nachbarn. Am Seeufer lauschen wir bei Kerzenschimmer dem Schnattern der zahlreichen Wasservögel.

–          Friedrichskoog Spitze

Wir bewundern Dom und Marktplatz in Meldorf und fahren über die B5 Richtung Marne. In Helse biegen wir rechts Richtung Friedrichskoog ab und folgen der Straße bis zum auf einer Landzunge direkt hinter dem Deich gelegenen Ortsteil Spitze. Der Wohnmobilstellplatz heißt schlicht Parkplatz 2 und liegt an der kaum befahrenen Nordseestraße. Tagescamper zahlen während der Saison von April bis Oktober 2 Euro am Automaten. Die Übernachtung (ab 19 Uhr) ist kostenlos. Im Sommer wird der Parkplatz vor allem von Badegästen besucht. Der Strand liegt nur rund 300 Meter entfernt und ist über einen Fuß- und Radweg schnell zu erreichen. Am Deich, gleich neben dem Restaurant „Steff’s Fleetenkieker“, gibt es ein behindertengerechtes Toilettenhaus mit Wickelraum.  Wie in Dithmarschen üblich, stehen die Strandkörbe auf Gras. Die Urlauber teilen das Grünland mit weidenden Schafen.  Baden ist nur bei Flut möglich. Eine Stranddusche spült das Salz von der Haut. Bei Ebbe kann man unter versierter Führung den Nationalpark Wattenmeer erkunden. Hauptattraktion von Friedrichskoog ist der alte Hafen mit Krabben-Kuttern. In der Seehund-Aufzucht- und Forschungsstation ist Wissenswertes über heimische Robben zu erfahren. Durch große Unterwassersichtfenster sind die possierlichen Meeressäuger zu beobachten. Kinder haben auch an der südlichen Hafenseite Spaß. Das Spiele-Paradies „Willi“ in Form eines Wals beherbergt in seinem Bauch viele Möglichkeiten zum Klettern und Toben.

–          Büsum

Wir interessieren uns mehr für die Sturmflutenwelt „Blanker Hans“ uns nehmen den Weg zurück über Meldorf und Wöhrden. Dort biegen wir nach links auf die Bundesstraße 203 ab, die uns zum Büsumer Hafen bringt, wo auch die Ausflugs-Schiffe nach Helgoland starten. Das Hinweisschild „Blanker Hans“ führt zum wellenförmigen Ausstellungs-Gebäude. Gleich daneben befindet sich der große Wohnmobilpark, auf dem bis zu 100 Fahrzeuge jeder Größe viel Platz auf Schotter-Rasen finden. In der Sommersaison kostet die Übernachtung 13 Euro inklusive Strom, Entsorgung und Kurtaxe. 50 Liter Frischwasser sind für 50 Cent zu haben. Wer nicht bleiben möchte, wählt den günstigeren Tagesplatz gleich gegenüber. Nachdem wir in der Sturmflutwelt Zeitreisen zu den Katastrophenjahren 1362, 1825, 1962 und 1976 unternommen haben und in einer interaktiven Ausstellung vieles über Wetter, Gezeiten und Deichbau gelernt haben, steuern wir ein eindrucksvolles Bauwerk des Küstenschutzes an.

–          Tönning

Über die B 203, die L 156 und die L 305 geht es zum Eidersperrwerk, ein ab 1967 innerhalb von sechs Jahren errichtetes Bollwerk gegen Sturmfluten. Nach kurzer Besichtigung fahren wir parallel zur Eider Richtung  Tönning. Schilder weisen den Weg zum Campingplatz „Comfort Camp Eider“. Hier melden wir uns an der Rezeption an. Der Wohnmobil-Stellplatz „Eiderblick“ liegt 200 Meter weiter. Wer das Glück hat, an vorderster Front zu stehen, genießt für 11 Euro Stellplatzgebühr und 1,50 Euro Kurtaxe eine fantastische Aussicht auf den Fluss. Wir stehen auf sauber gestutztem Rasen in zweiter Reihe und schauen zwischen Wohnmobilen hindurch aufs Wasser. Per Fahrrad geht es innerhalb von fünf Minuten in den Ortskern. Das Zentrum des romantischen Städtchens bildet der 1613 gegrabene Hafen, der an eine niederländische Gracht erinnert. Weil unser Wissensdurst an diesem Tag bereits gestillt ist, lassen wir das Multimar Wattforum links liegen und radeln auf dem Deich flussabwärts, um die Abendstimmung im Naturschutzgebiet Katinger Watt zu genießen.

–          Sankt Peter-Ording

An der Westspitze der Halbinsel Eiderstedt liegt Sankt Peter-Ording. Restaurants, Boutiquen, Fitnesspark, Promenade und Wellenbad lassen keine Ferien-Wünsche offen. Berühmt ist der Kurort für seinen an der Nordseeküste raren feinen Sand. Der Strand ist so breit, dass er mit Fahrzeugen befahren werden darf. Auch Wohnmobile können tagsüber dort parken. Da jederzeit Überflutungen möglich sind, ist die Übernachtung auf dem Strand strikt verboten. Dafür bietet sich der Wohnmobilstellplatz vor dem Campingplatz Sass in der Tümlauer Bucht an, kaum einen Kilometer vom Strandübergang Ording entfernt. Der Stellplatz kostet 11 Euro zuzüglich 3,20 bis 4 Euro pro Person. Reisemobilurlauber genießen den ganzen Komfort des Campingplatzes: Vom Brötchen-Service über die modernen Sanitäranlagen bis zur Ver- und Entsorgung des Wohnmobils am Platz.

–           Witzwort

Von Tönnig fahren wir über die B 5 in nördlicher Richtung nach Reimersbude, wo wir links nach Witzwort abbiegen. Unser Ziel ist ein nahe dem Ort mit dem skurrilen Namen liegender Haubarg. Ein großes Bauernhaus mit fast quadratischem Grundriss, wie es nur auf der Halbinsel Eiderstedt zu finden ist. Der liebevoll restaurierte „Rote Haubarg“ thront inmitten von Wiesen auf der Warft. Er beherbergt ein Museum, das auf der Tenne altes landwirtschaftliches Gerät präsentiert, über Viehhaltung informiert und den Blick unters 16 Meter hohe Strohdach gewährt. Der Ausstellungs-Besuch ist gratis. In den historischen Stuben befindet sich ein Restaurant. Wohnmobilfahrer dürfen nach Genuss der feinen Küche kostenlos übernachten. Als Stellplätze stehen zwei Optionen zur Wahl: Der etwas entfernt liegende, durch Büsche geschützte, große Parkplatz und das Terrain direkt an der weiß getünchten Hausmauer, wo auch Strom noch Wasser zu haben sind. Auch montags, am Ruhetag, darf dort übernachtet werden, allerdings gibt es dann keinen Service.

–          Nordstrand-Süderhafen

Fast ebenso viel Idylle bietet unser nächster Stellplatz auf Nordstrand. Wir erreichen die Halbinsel kurz nachdem wir die B 5 bei Hattstedt verlassen haben.  Im Örtchen Süderhafen  betreibt die Familie Paulsen seit Jahrzehnten den Camping- und Wohnmobilstellplatz „Margarethenruh“. Bis zu 20 Fahrzeuge finden im Garten ihres Einfamilienhauses auf Rasen oder Schotter Platz. Je nach Saison kann man hier für 7 bis 8 Euro pro Wohnmobil plus 3,90 bis 4,50 Euro zuzüglich 1 bis 1,80 Euro Kurtaxe pro Person erholsamen Urlaub machen, „Familienanschluss“ inklusive. Uwe Paulsen grillt für seine Gäste, organisiert Kutschfahrten ins Watt, Wanderungen zum im 14. Jahrhundert während einer Sturmflut untergegangenen Kirchspiel Rungholt und Naturkunde-Vorträge im eigenen Hause. Für Ausflüge ins 18 Kilometer entfernte Husum empfiehlt sich der Bus. Die Haltstelle liegt gleich um die Ecke bei der historischen Windmühle. Frische Brötchen sind in der „Engelmühle“ ebenfalls zu haben. Schmausen vom Feinsten kann man einen Steinwurf  entfernt im Restaurant „Am Heverstrom“.

–          Reußenköge

Wir folgen der B5 in Richtung Norden bis Bredstedt und biegen westlich nach Reußenköge ab. Nach der Stippvisite auf der Halbinsel Nordstrand möchten wir die „Hamburger Hallig“ besuchen. Das winzige Eiland ist über einen fünf Kilometer langen Damm mit dem Festland verbunden. Selbst mit dem Wohnmobil darf man die einzige Warft ansteuern. Übernachtung ist aber verboten. Wir stemmen uns auf dem Fahrrad gegen den kräftigen Westwind und erholen uns bei einer kräftigen Mahlzeit im Hallig-Krog. Unser Fahrzeug haben wir auf dem Festland beim Amsinck-Haus stehen lassen. Hinter dem Informationszentrum über Hallig und Wattlandschaft finden auf vom Pkw-Parkplatz separierten Wiesen-Gelände bis zu 9 Wohnmobile bis maximal 9 Meter Länge Platz. Gegen eine Gebühr von sieben Euro kann man übernachten, duschen und die Toiletten im Gebäude nutzen. Sogar eine Münzwaschmaschine steht bereit.

–          Aventoft

Vom Sturm gebeugt sind die Bäume, die im „Gotteskoog“ unweit der dänischen Grenze den Bauernhof von Andreas Clausen schützen. Bei Süderlügum biegt man von der B5 ab und erreicht nach der Passage durch Aventoft südlich in Richtung Husum schwenkend nach 1,5 Kilometern das einsame Gehöft. Pro Wohnmobil zahlt man für die Übernachtung im bäuerlichen Garten 6 Euro, Strom kostet 2 Euro. Die Nutzung des im Stallteil installierten Bades wird mit 2 Euro pro Person veranschlagt. Kinder dürfen auf dem Pony reiten, Väter entspannen sich beim Angeln im Flüsschen „Schmale“. Hauptattraktion ist das nur drei Kilometer entfernte Nolde-Museum. Ein separater Wohnmobilstellplatz ist dort vorhanden, Übernachtung ist verboten. Der Besuch des letzten Domizils und Ateliers des dort 1956 verstorbenen und begrabenen Malers kostet 8 Euro. Zu sehen sind viele Nolde-Originale, sein selbst angelegter Bauerngarten und ein Film über das Leben des Künstlers. Von den Nationalsozialisten wurden seine Werke als „entartete Kunst“ geschmäht, er selbst mit Malverbot belegt. Nolde schuf mit letzten Farben auf Papierresten heimlich „ungemalte Bilder“. Die geliebte Heimat zu verlassen, war nie eine Option für ihn. Auch wir lassen die Ebenmäßigkeit und Ruhe der Küstenlandschaft nur ungern zurück. Die A7 führt uns wieder nach Süden.

Ein Star zum Anfassen

Wolfgang Stumph, heute vor allem als Kriminalkommissar Stubbe bekannt, las aus seinen Büchern. Auf der Leinwand ist er 1990 als „Stumpi“ in Gunther Emmerlichs „Showkolade“ zu sehen.

Buchholz (mab). Der Künstler steht am Bühnenrand und tastet mit dem Fuß die Kante ab. „Als ich das letzte Mal in Buchholz war, bin ich hier hintergehakt und einer Zuschauerin direkt in den Schoß gefallen.“ „Oh, bitte noch mal“, tönt spontan eine weibliche Stimme aus dem Parkett. Das Publikum lacht und applaudiert, Wolfgang Stumph strahlt.

Auch wenn der Schauspieler und seine Fans in der Empore diesmal nicht im Wortsinn auf Tuchfühlung gegangen sind, haben beide Seiten doch große Nähe gespürt und das sichtlich genossen. „Wolfgang Stumph höchstpersönlich“ lautete das Motto des Abends. Eine Retrospektive auf die vergangenen zwei Jahrzehnte des Schaffens des Sachsen.  Bereits in der DDR war er als Kabarettist bekannt. Nach der Wende gelang es ihm schnell, sich auch in den „gebrauchten Bundesländern“ (Stumph) als Bühnen- und Fernsehstar einen Namen zu machen. Stumphs Durchbruch markierte 1991 der Film „Go, Trabi, go“, aus dem in der Empore Ausschnitte gezeigt wurden.

Das Programm des Abends war eine ungewöhnliche Mischung aus Film-Vorführung, Kabarett, Lesung und zwangloser Plauderei – eine ebenso umfassende wie werbewirksame Selbstdarstellung.

Der fast 64-Jährige las aus seinen Büchern „Von Fall zu Fall“ und „Sächsische populäre Irrtümer“ und erzählte von seinen Film- und Fernsehproduktionen. Die Namen von deren Helden begännen nicht zufällig mit „St“. Alle spiegelten einen Teil seiner selbst wider, erklärte der Star, der auf Großleinwand Fotos aus seinem persönlichen Album zeigte und freimütig aus dem Privatleben berichtete. So erfuhr das geneigte Publikum, dass der gebürtige Schlesier als Einzelkind einer Werktätigen im Nachkriegs-Dresden aufwuchs und somit oft auf sich allein gestellt war. Ein Umstand, der nach eigener Einschätzung dazu beitrug, dass er früh den Drang verspürte, sich zu behaupten und durch „vorlaute Kasperei“ (Stumph) auf sich aufmerksam zu machen.

Dennoch erlernte das Multitalent zunächst den Beruf des Apparate- und Behälterbauers, studierte Maschinenbau, Pädagogik und Psychologie, bevor er sich entschloss den „wunderbaren Beruf“ des Schauspielers zu ergreifen, der es erlaubt „auf der Bühne auszuleben was man denkt und fühlt und es hört einem jemand zu“.

So mancher Zuschauer hätte sicher gern auf private Bekenntnisse verzichtet und stattdessen mehr intelligenten „Stumphsinn“ genossen. Die kabarettistischen Kostproben waren nämlich äußerst unterhaltsam.

Lila Pause

Lila Pause
Lila Pause: Die Lüneburger Heide offenbart sich als farbenprächtiges Blütenmeer

Rund 107.000 Hektar Fläche umfasst der Naturpark Lüneburger Heide. Er ist ein
Paradies für Erholung Suchende, bietet aber
ebenso erlebnishungrigen Urlaubern
vielfältige Attraktionen

Lüneburger Heide, da denkt sicher jeder zuerst an romantische Gedichte von Hermann Löns, an summende Bienen, schlanke Birken, dunklen Wachholder und blauen Himmel über endlosem blasslila Blütenmeer. Dabei bietet die Ferienregion im Städtedreieck von Hamburg, Bremen und Hannover heute sehr viel mehr.

Heide, das sind dichte Wälder, wogende Felder, satte Wiesen und glasklare Flüsschen, die sich durch feuchte Auen schlängeln. Das sind hunderte Kilometer Wander-, Rad-, Reit- und Kutschwege, gepflegte Golfplätze und Flüsse, auf denen man mit dem Kanu prima paddeln kann. Neben verschlafenen Dörfern mit imposanten Fachwerkhäusern und uralten Feldsteinkirchen gibt es Städtchen mit prall gefüllten Veranstaltungskalendern – vom Kartoffelfest bis zum plattdeutschen Theater. Auch der blonden Heideblütenkönigin im wallenden Purpurgewand oder dem sehnigen Naturführer im Lodenmantel wird man hin und wieder begegnen, vielleicht auch bei der rotbäckigen Bäuerin in der Einfahrt ihres prächtigen Hofes ein Gläschen selbst gemachte Marmelade, einen Heidekranz oder ein zottiges Schnuckenfell kaufen.

Die Lüneburger Heide ist zu jeder Jahreszeit ein attraktives Urlaubsziel. Ihre ganz
besondere Magie entfaltet sie jedoch
 im
Spätsommer, wenn sie sich als violettes
Blütenmeer präsentiert

Die Heide ist aber nicht nur ein ideales Ziel, um die Seele baumeln zu lassen, sondern auch eine Region, in der man viel erleben und unternehmen kann. Etwa in Nindorf. Dort gibt es einen großen Wildpark, der mehr als 140 Tierarten beherbergt. Und mitten im Wald an der Bundesstraße 209 bei Bispingen befindet sich das private Greifvogelgehege Steinmann (www.greifvogel-gehege.de), wo die Chefin selbst Adler, Uhu und Co. den staunenden Besuchern hautnah präsentiert.

Südlich des Naturparks Lüneburger Heide liegen mit dem Vogelpark Walsrode und dem Serengetipark Hodenhagen zwei weitere Topattraktionen dieser Ferienregion. Mit Fahrgeschäften der Superlative lockt der Heide-Park Soltau, während die Soltauer Therme und das Bad Heidjers Wohl in Schneverdingen Entspannung und Badevergnügen bieten. Mutige können ihr Geschick im Hochseilpark maxwood parks in Amelinghausen oder im high walker Kletterpark in Bispingen erproben. Dort betreibt Ralf Schumacher gleich neben der A7 eine Kartbahn und das österreichische Sölden den Snow Dome, eine das ganze Jahr über geöffnete Skihalle.

Romantik und rasanter spaß gehen in der Lüneburger Heide Hand in Hand.
Indoor-Skipisten, Mega-Achterbahnen und schwindel
erregende Klettergärten
zählen zu den Erlebniswelten dieser Region

Wer die Landschaft erleben möchte, die Hermann Löns beschreibt, findet sie nahezu unverändert im 23.000 Hektar großen Naturschutzgebiet, das den Kern des Naturparks bildet. Wer echte Ruhe sucht, sollte allerdings sonnige Wochenenden zur Zeit der Heideblüte meiden, denn bei gutem Augustwetter poltert eine schier endlose Reihe von Pferdekutschen über die kopfsteingepflasterten Wege rund um die Heidedörfer Undeloh und Döhle ins autofreie Wilsede. An solchen Tagen platzt das winzige Heimatmuseum buchstäblich aus allen Nähten, den Cafés in den von gewaltigen Eichen beschatteten Strohdachhäusern geht die Buchweizentorte aus, und durch den für seine schöne Aussicht berühmten Totengrund wälzt sich eine wahre Völkerwanderung. Andererseits kann es jenseits der Hochsaison und ausgetretener Pfade passieren, dass man erst nach Stunden einem Menschen begegnet, oft einem neben seiner grasenden Schnuckenherde dösenden Schäfer.

Mit Kultur statt Natur wartet die Kunststätte Bossard (www.bossard.de) bei Jesteburg auf. Neben Kunstausstellungen und einem Café bietet sie das ganze Jahr lang eine Fülle von Veranstaltungen und Workshops (auch für Kinder) an.

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Das facettenreiche Ostseejuwel

Ein Wohnwagen steht vor der Kulisse der Fehmarnsundbrücke
Mit dem Wohnwagen steht man immer in der ersten Reihe: Tolle Aussicht auf die Fehmarnsundbrücke

Eine Liebeserklärung an Fehmarn

Ich liebe die Abwechslung. Deshalb fahre ich immer wieder nach Fehmarn. Ein Widerspruch? Keineswegs! Deutschlands drittgrößte Insel bietet eine Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Ruhe und Trubel, unberührte Natur und liebevoll gepflegte Kultur. Die Sonne scheint hier öfter als anderswo Denn die vom Westwind getriebenen Regenwolken haben ihre feuchte Fracht meist schon über dem Festland abgeladen, bevor sie Fehmarns Küste erreichen.

75 Kilometer Meeressaum an einer See, die jeden Tag ihr Gesicht verändert. Mal schwach gekräuseltes Flaschengrün, mal tiefes Aquamarin, getupft von weißen Schaumkronen und bunten Segeln. Wer an windstillen sonnigen Frühlingstagen zeitig aufsteht, findet eine silberne See. Der Horizont  verschwimmt im Dunst, die glatte Oberfläche spiegelt den blassblauen Himmel.

Vom Strand von Katharinenhof aus sieht man in der Ferne die Fährschiffe, die sich auf halbem Weg zwischen Puttgarden und Roedby begegnen. Im schmalen Laubwaldstreifen, der hier streckenweise die Steilküste säumt, zwitschern Singvögel, während über dem Wasser Möwen kreischen und auf Pfählen in der See Kormorane krächzen, die vom Tauchen nassen Flügel zum Trocknen ausgebreitet. Das Wasser schwappt träge um mit grünem Seegras bewachsene Felsen. Der Sand hier ist grobkörnig, durchsetzt mit Kieseln aus Granit und Feuerstein.

Nur ein paar Kilometer entfernt, am Südstrand und am Wulfener Hals, ist der weiße Sand dagegen so fein, dass er als Streu für Hühnerställe und Scheuermittel verkauft wurde. Ein ganzer Berufsstand lebte einst davon, die Sandböter. Auch die Felsen, die die Gletscher der Eiszeit bei ihrem Rückzug hinterlassen haben, wurden genutzt. Steinfischer hoben sie per Hand und mit Schlingen. Noch bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden Findlinge mit Maschinen aus dem flachen Wasser gehievt und als Baumaterial verkauft. Die Allee zwischen Burg und Burgstaaken ist mit den mühsam beschafften und bearbeiteten Brocken gepflastert.

Fehmarns Küstenlinie ist so vielgestaltig wie seine Strände. Im Südosten nagt das Meer beständig am Ufer. Auf der Westseite wird dagegen Material aufgehäuft. Ein Nehrungshaken, genannt Krummsteert, niederdeutsch für Krummschwanz, schiebt sich jährlich fast einen Meter weiter vor die Orther Reede. Unter der Regentschaft Kaiser Wilhelms I. wurde der Hafen zu einer großen Anlage mit zwei Kais, einem 170 Meter langen Hafenbecken und Kornspeicher ausgebaut. Heute ist das Wasser viel zu flach für große Schiffe. Hier dümpeln nur noch Segelboote. Orth verströmt in jedem Winkel den Charme der längst vergangenen Epoche. Sogar der Fahrradverleih atmet Nostalgie. Vor einem winzigen Häuschen lehnen ein halbes Dutzend betagter Drahtesel. Niemand weit und breit. Dafür eine Telefonnummer neben der Tür. Ich rufe an und erfahre zu meinem Erstaunen, dass ich mir einfach ein passendes Rad aussuchen und die Leihgebühr später in den Briefkasten werfen darf.

Radelnd geht es über den flachen Deich am Suhlendorfer Wiek entlang zum Flügger Leuchtturm. Fehmarns höchstes Leuchtfeuer liegt inmitten eines Naturschutzgebiets und ist nur unmotorisiert zu erreichen. Ringsum bevölkern viele Arten von Wasservögeln die verlandenden Strandseen  Vom 40 Meter hohen Turm aus bietet sich eine herrliche Aussicht. Gen Norden erscheint die flache Küste wie mit dem Lineal gezogen, nach Südosten schweift der Blick über sanft geschwungene Buchten bis zum „Kleiderbügel“.

Die Brücke, ein filigranes Netzwerk aus Stahl, verbindet seit 1963 die Insel mit dem Festland. In der Siedlung Fehmarnsund, dem einstigen Fährhafen, legen seither nur noch Segelboote an. Der Durchgangsverkehr nimmt stetig zu. Schon ist der nächste Brückenschlag geplant, der die Verbindung zu Dänemark noch schneller und unkomplizierter machen soll. Die Europabrücke soll die Fähren zwischen Puttgarden und Roedby ersetzen.

Fehmarn boomt und verbucht jährlich 3,5 Millionen Übernachtungen. Die zahllosen Tagesgäste sind da nicht mit eingerechnet. Umso erstaunlicher, dass sich die Insel einen großen Teil ihrer Ursprünglichkeit bewahrt hat. Drei Hochhäuser in Burgtiefe sind glücklicherweise die einzigen architektonischen Entgleisungen geblieben. Die zur Landseite hin fensterlosen Betontürme aus den 70er Jahren beherbergen ein Hotel, Ferienwohnungen und eine Rehabilitationsklinik.

Prägend für Fehmarn sind alte, zumeist liebevoll restaurierte Gebäude, die den unverwechselbaren Charakter der Insel ausmachen. In der Stadt Burg sind es schmucke Kaufmannshäuser, die sich wie Perlen an der kopfsteingepflasterten Hauptstraße entlang aufreihen. Auf dem Land sind es kleine, geduckte Katen, vor dem vorherrschenden Westwind hinter Hecken und Strandwällen versteckt. Nahezu unangetastet vom Wandel der Zeit blieben auch die zahlreichen Dörfchen, deren Häuser sich meist um zentrale Löschteiche gruppieren, auf denen unter tief hängenden Weidenzweigen Enten paddeln. Gewaltige Bauernhöfe protzen mit imposanten Backsteinfassaden.

Verzweigt wie eh und je ist das Netz schmaler holpriger Asphaltstraßen. Noch immer bestimmt die Form der Äcker die Wegführung und bedingt so zahlreiche scharfe Kurven. Da kann man trotz guter Ausschilderung und der vergleichsweise geringen Größe der Insel – 185 Quadratkilometer – die Orientierung verlieren.

Aber das macht nichts. Denn sie hat überall ihren Reiz, diese flache oder sanft gewellte  Landschaft  mit ihren von Knicks gesäumten Äckern, die im Mai lindgrün und hellgelb in der Sonne leuchten. Raps, so weit das Auge reicht. Als die „fünfte Jahreszeit“ wird die Ölpflanzen-Blüte von den Insulanern bezeichnet. Mitte Mai wird in Petersdorf rund um die höchste Kirche der Insel ein großes dreitägiges Fest mit Musik, Tanz und Spielen gefeiert, das tausende Besucher anlockt. Höhepunkt ist die Wahl der Rapsblütenkönigin, die Fehmarn ein Jahr lang repräsentiert.

Fehmarn bietet nicht nur Ruhe und Beschaulichkeit, sondern auch jede Menge Möglichkeiten für Aktivitäten. Die Fischer, die in Burgstaaken ihren Fang direkt vom Kutter aus verkaufen, sind stets für ein Schwätzchen zu haben. Wer sich seine Mahlzeit lieber selbst fängt, ist hier ebenfalls richtig, denn Burgstaaken ist Ausgangspunkt für Hochsee-Angeltouren.

Taucher können die Unterwasserwelt und Wracks erkunden. Hoch hinaus geht es im Klettergarten beim Campingplatz Südstrand und am Silo von Burgstaaken, einer der höchsten Kletteranlagen Europas. Auch eine Kartbahn ist hier am Hafen zu finden.

Bademöglichkeiten gibt es überall. Das traditionelle Strandleben mit Korbverleih findet am Südstrand statt. Auch Surfer tummeln sich je nach Windrichtung an jeder Küste. Anfänger nutzen vor allem den Burger Binnensee und die flachen Gewässer des Gollendorfer und Lemkenhafener Wieks.

Auf den Hügeln bei Wulfen gibt es einen 18-Loch Golfplatz mit grandioser Aussicht. Reiter lieben die zahlreichen romantisch gelegenen Pferdehöfe. Naturkundler werden das Wasservogelreservat Wallnau mit Ausstellung und Führungen lieben. Nicht nur für Biologen beeindruckend ist das vor zwölf Jahren eröffnete Meereszentrum in Burg, ein Aquarium mit gläsernem Tunnel, der Haifischbeobachtung aus Taucherperspektive ermöglicht. Heimatmuseen in Burg und Katharinenhof veranschaulichen den weltlichen Inselalltag vergangener Zeiten. Die trutzigen Backstein-Gotteshäuser von Burg, Landkirchen und Petersdorf zeugen von der jüngeren religiösen Vergangenheit, die Steinkammergräber, deren Reste nördlich von Katharinenhof und auf dem Hinrichsberg bei Stabersdorf zu finden sind, von der Ehrerbietung für verstorbene Steinzeit-Fürsten.

An einen musikalischen Hünen der Neuzeit erinnert indes ein Monolith auf der anderen Seite der Insel, am Flügger Strand. Hier gab 1970 der Gitarrist Jimi Hendrix sein letztes Livekonzert. Anfang September wird in Petersdorf im Gedenken an den Künstler ein Open-Air-Festival veranstaltet. Ein kleines Stück Woodstock am Rande des Naturschutzgebiets, wo sonst nur die Vögel singen. Ich liebe die Abwechslung. Deshalb fahre ich immer wieder nach Fehmarn.

Das Bergell

Dorf Soglio mit Wehrmauer und Kirche vor Bergkulisse
Dorf Soglio mit Wehrmauer und Kirche vor Bergkulisse
Ein bezauberndes Tal für Wanderfans, Kulturfreunde und Gourmets

Das Bergell verbindet die Schweiz und Italien und bietet eine grandiose Natur von wild bis lieblich

Das Oberengadin ist durch das mondäne St. Moritz in aller Munde. Weit weniger bekannt, aber nicht minder reizvoll, ist das benachbarte Bergell. Die Region, die in der italienischen Amtssprache Val Bregaglia und im Bergeller Dialekt Val Bargaja heißt, umfasst das Tal der oberen Mera (im Bergeller Dialekt Maira) zwischen dem 1815 Meter hoch gelegenen Malojapass auf Schweizer Seite und dem italienischen Chiavenna, das auf nur 333 Metern Höhe bereits mediterranes Klima genießt.

Die grenzüberschreitenden Wanderwege der „Via Bregaglia“ führen auf einfachen Pfaden durch Täler und über Pässe, durch romantische und gleichzeitig wilde Natur. Der „Historische Talweg“, die „Panoramaroute des Bergells“ oder die „Route der Bergüberquerung“ sind ideal für Genusswanderer. Aber auch passionierte Kletterer erproben sich gern an den schroffen Gipfeln und Graten der majestätischen Dreitausender.

Für Kulturinteressierte und Kunstfreunde gibt es im Bergell ebenfalls eine Menge zu entdecken. Denn hier haben die Maler Giovanni, Alberto, Augusto und der Diego Giacometti, Giovanni Segantini und Varlin, mit bürgerlichem Namen Willy Guggenheim, gelebt und gewirkt. In der Ciäsa Granda in Stampa kann der Besucher nicht nur Werke der begnadeten Maler und Bildhauer bewundern, sondern auch in die Kultur und Geschichte dieser Region eintauchen. Zurzeit bemüht sich ein Kreis Engagierter, das seit fast fünf Jahrzehnten leer stehende Giacometti-Atelier der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Segantinis Wirkungsstätte ist in Maloja zu besichtigen. Viele seiner Meisterwerke sind im ausschließlich ihm gewidmeten Museum in St. Moritz ausgestellt. In Maloja lohnt sich ein Abstecher zu den sieben Gletschermühlen. Die in der Eiszeit entstandenen tiefen kreisrunden Löcher im Fels wurden beim Bau des Turm Belvedere entdeckt. Die Ruine der einstigen Sommerresidenz eines belgischen Grafen beherbergt heute wechselnde Kunstausstellungen und bietet einen fantastischen Ausblick auf den Silser See und das Tal der Mera. Auch der Ursprung des Inn präsentiert sich hier als malerischer Wasserfall.

Tiefe Einsicht in eine dunkle Episode der Bergeller Geschichte gewährt der Hexenturm von Vicosoprano, wo dem Geist der Reformation zum Trotz im 16. und 17. Jahrhundert Hexenprozesse gegen missliebige Frauen stattfanden. Heute lassen sich im mit Zirbenholz getäfelten ehemaligen Gerichts-Saal gleich neben der Folterkammer junge Paare trauen.

Viele Hundert Jahre alt ist auch der Edel-Kastanienwald, der als der größte Europas gilt. Der lichte Park mit beeindruckenden Baumriesen zieht sich an der Südflanke des Tals über dem Grenzort  Castasegna – „castagna“ bedeutet Kastanie – fast bis zum 1090 Meter hoch gelegenen Soglio. Ein Lehrpfad informiert über die verschiedenen Arten der Kastanien-Bäume und die bis heute praktizierte Ernte und Verarbeitung der Früchte. Im Oktober wird alljährlich ein Festival gefeiert. Die verschiedenen Kastanienspezialitäten von Schnaps bis Kuchen sind aber in den Restaurants der Region das ganze Jahr über zu kosten.

Zu Mehl gemahlen werden die Kastanien in Promontogno. Die Familie Scartazzini betreibt die einstige Wasser-Mühle, die hauptsächlich Getreide verarbeitet, nunmehr in neunter  Generation seit 1690. Allerdings produziert sie seit dem Bau eines weit oberhalb gelegenen Staudamms keine Wasserkraft mehr, sondern wird mit Strom betrieben.

In Soglio scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Der malerisch auf einer Sonnenterrasse hoch über dem Tal gelegene Ort, der auch vom Postbus angesteuert wird, ist nicht nur des grandiosen Ausblicks und der verwinkelten Gassen mit Wohnhäusern, Ställen, Schobern und Waschplätzen sehens- und erlebenswert. „Juwel“ des historischen Gebäudeensembles ist das Hotel Palazzo Salis, einst Domizil der mächtigen Familie Salis-Soglio und zeitweise Wohnsitz des Dichters Rainer Maria Rilke. Bausubstanz, Mobiliar und Gemälde sind weitgehend erhalten, so dass sich der Besucher weit in die Vergangenheit zurückversetzt fühlt. Hinter dem Palazzo aus dem frühen 18. Jahrhundert befindet sich ein wunderschöner terrassierter Garten mit Buchshecken, knorrigen Obstgehölzen und mächtigen Mammutbäumen, der nicht nur Hotelgästen zugänglich ist. www.palazzosalis.ch

Info: Interessierte finden an jedem der beschriebenen Orte Führungen auch in hochdeutscher Sprache. Einzelheiten sind bei den örtlichen Tourismusbüros oder im Hauptsitz der Organisation in Stampa zu erfahren. Zu Themen wie Wandern, Kunst und Kultur oder zum Kastanienfestival gibt es besondere Angebote. Infos bei Bregaglia Engadin Turismo, Telefon 00 41/8 18 22 15 55 oder www.bregaglia.ch

Stackmann investiert in die Zukunft

Erschienen in „Journal“, dem Kundenmagazin
des Buxtehuder Kaufhauses Stackmann

Bei Stackmann herrscht rege Bautätigkeit. Kaufhauschef Dieter Stackmann erzählt in einem Interview, was an der Hansestraße und an der Viverstraße entsteht.

Journal: Vier Jahre nach dem letzten großen Umbau wird bei Stackmann schon wieder gebuddelt, gleich an zwei Stellen. Ist Bauen Ihr Hobby?

Dieter Stackmann: Tatsächlich ist das jetzt mein vierter Bau innerhalb von acht Jahren und Umgestaltung, Konzeptanpassung und Erweiterung unseres Hauses machen mir großen Spaß. Unser Modehaus ist heute die Nummer Eins im Niederelberaum. Diesen Führungsanspruch wollen und müssen wir verteidigen. Im Sportbereich möchten wir die Besten werden. Beides funktioniert in der heutigen schnelllebigen Zeit nur durch stetige Modernisierung und Erweiterung. Denn die Kunden sind anspruchsvoll – und mobil.

Sie renovieren zurzeit das alte Parkhaus und lassen daneben ein zweites errichten. Wieso?

Wir möchten mehr Parkraum schaffen und zwar nicht nur für die Stackmann-Kunden, sondern für alle Besucher Buxtehudes. Deshalb heißt das neue Gebäude auch Altstadt-Parkhaus. Es ist gewissermaßen das Tor, durch das die Menschen ins Zentrum strömen. Selbst die meisten Buxtehuder kommen heute mit dem Auto zum Einkaufsbummel.
Nach der Fertigstellung des neuen Hauses im Oktober werden 650 anstatt wie bisher 530 Stellplätze zur Verfügung stehen, allesamt kundenfreundlich. Denn die Stellplätze im alten Gebäude werden um je 40 Zentimeter verbreitert, so dass Manövrieren sowie Ein- und Aussteigen einfach und bequem möglich sind.

Werden denn tatsächlich so viele Parkplätze benötigt?

In Buxtehude tut sich derzeit eine Menge. Im Rathaus-Quartier, das Ende 2012 fertig gestellt werden soll, entstehen 3000 Quadratmeter Verkaufsfläche. In unserem Neubau an der Viverstraße, der im September kommenden Jahres eröffnet wird, kommen noch einmal 2500 Quadratmeter neuer Verkaufsfläche dazu. Stackmann wird seine Waren auf mehr als 15000 Quadratmetern präsentieren. Das Haus wird zum Center. Buxtehudes Attraktivität wird dadurch massiv gesteigert.

Wie wird das neue Gebäude denn aussehen?

Das Erdgeschoss und die erste Etage nutzen wir selbst als Verkaufsräume, darüber entstehen auf zwei Etagen elf moderne Mietwohnungen mit einer Wohnfläche von 70 bis 170 Quadratmetern. Alle haben große Terrassen und ein Fahrstuhl führt in die Tiefgarage mit zwei Parkplätzen pro Wohnung. Besonders stolz sind wir auf eine innovative Technik, die es ermöglicht, mit der überschüssigen Wärme der Verkaufsräume die Wohnungen zu heizen. Durch Tiefbohrungen wird auch das Erdreich als Wärmespeicher genutzt. Das bedeutet minimale Energiekosten für die Mieter und schont die Umwelt.

Welche Abteilungen werden denn im neuen Haus an der Viverstraße untergebracht sein?

Im Erdgeschoss wird young fashion und modern woman untergebracht sein. Hier werden auch Sportlabels zu finden sein, die junge Leute im Alltag tragen wie adidas, Billabong oder Quicksilver. Im ersten Stock entsteht eine neue Modewelt mit Bekleidung aus dem sportlichen Funktionsbereich. Das Sortiment wird in diesem Bereich mit einer exzellenten Auswahl stark in die Tiefe geführt. Es wird alles geben, was das Herz von Fitness- und Outdoor-Fans begehrt: Vom Schwimmanzug über die Trekkinghose bis zum Kletterschuh.

Was passiert denn dann mit dem Sporthaus an der Langen Straße?

Dort wird auf 650 Quadratmetern ein hervorragendes Buch- und Schreibwarenhaus entstehen – ebenfalls mit stark erweitertem Sortiment. Zuspruch und Interesse der Kunden sind groß, schließlich beschäftigen wir drei gelernte Buchhändlerinnen.

Noch ist die Buchabteilung ja im Untergeschoss neben Kindermodewelt und Spielwarenabteilung untergebracht. Wie werden Sie den frei werdenden Bereich künftig nutzen?

Wir werden vorrangig das Bekleidungsangebot für Jungen und Mädchen aufstocken, aber auch mehr Spielzeug anbieten.
Es entsteht der Eindruck, als würde wieder einmal das ganze Haus umgekrempelt.

Werden wir denn bei Stackmann überhaupt noch finden, was wir suchen?

In der Tat wird vieles umstrukturiert. Aber zurechtfinden werden sich die Kunden noch besser als zuvor, weil wir die Abteilungen gewissermaßen nach ihren Gedanken und Bedürfnissen sortieren.
Herrenwäsche beispielweise wird künftig in der Herrenmodewelt zu finden sein. Damenwäsche und Miederwaren dagegen werden im Zwischengeschoss bleiben, das die young fashion und modern woman-Abteilung im Erdgeschoss Viverstraße mit der Damenmodewelt im ersten Stock des Hauses an der Langen Straße verbindet. Das ist ein logischer, optimaler Ablauf. Darüber hinaus wird Kleidung einer Preisklasse und einer Stilrichtung neben einander zu finden sein. Wir werden die Kompetenzabteilungen voranbringen, aber gleichzeitig die Markenshops der führenden Hersteller beibehalten.

Wie schaffen Sie es bloß, das alles zu planen?

Ich bin ja zum Glück nicht allein, sondern habe zwei äußerst kompetente und engagierte Mitarbeiter in der Geschäftsführung. Henning Schleemann ist dafür zuständig, die neuen Räume mit Waren zu füllen – er entscheidet, welche Waren neu aufgenommen werden und was wo hinkommt. Regina Meybohm sorgt dafür, dass wir genug versierte Mitarbeiter haben. Denn natürlich werden wir durch die Erweiterung auch mehr Personal brauchen. Ich selbst bin nur für den Bau der Gebäude zuständig und habe das Geld in der Hand.

Wieviel wird denn da durch ihre Finger fließen?

Ich hoffe, mit zehn Millionen auszukommen.

Sie könnten sich eigentlich entspannt zurücklehnen und stolz auf ihre Lebensleistung zurückblicken. Stattdessen stellen sie sich dieser großen Herausforderung. Glauben Sie wirklich, dass sich der enorme Aufwand und die hohen Ausgaben lohnen?

Davon bin ich absolut überzeugt. Mit unserer Finanzplanung sehen wir den kommenden Jahren sehr positiv entgegen. Die Erweiterung ist definitiv eine Investition in die Zukunft. Schließlich gilt es, die Arbeitsplätze von derzeit rund 300 Mitarbeitern und das Erbe meiner Eltern und Großeltern langfristig zu sichern. Die vierte Stackmann-Generation steht schon in den Startlöchern. Meine Söhne Simon und Fabian, 26 und 24 Jahre alt, sind bereits am Unternehmen beteiligt. Noch studieren sie jedoch – beide Marketing.

Wie reagieren die Kunden auf den Bau?

Auch die begrüßen unseren Einsatz. Denn er zeigt, dass wir nicht nur in der Mode unseren hohen Ansprüchen genügen. Qualität, Modernität und Aktualität sind auch Richtschnur unserer Ambitionen für die Firma Stackmann selbst.

Stackmann – Grußwort

Erschienen in „Journal“, dem Kundenmagazin
des Buxtehuder Kaufhauses Stackmann

Liebe Kundinnen und Kunden,

fransenbesetzte Sofas von anno dazumal im Schaufenster, nostalgische Möbel und Omas Lieblings-Sessel am Deko-Point: Unser Modehaus spiegelt das Motto der Saison wieder – New Classics.

Elegante und verspielte Klassiker prägen durch Kombination mit rustikalen Stil-Elementen einen ganz neuen Look und erleben auf diese Weise eine Renaissance.

Auch das Kaufhaus Stackmann wird im Laufe des kommenden Jahres einmal mehr neu geboren werden. Zurzeit wird an der Hansestraße ein zweites Parkhaus gebaut und das benachbarte ursprüngliche Parkhaus renoviert. Schon Ende Oktober werden 130 kundenfreundliche Parkplätze mehr zur Verfügung stehen als bisher.

Doch das ist erst der Anfang umfassender Neu- und Umgestaltungs-Maßnahmen.

Noch vor der Fertigstellung des Parkhauses erfolgt die Grundsteinlegung für ein weiteres Stackmann-Gebäude an der Viverstraße.  Ein zehn Meter breiter gläserner Eingang wird das neue mit dem bestehenden Haus verbinden. Mit mehr als 15.000 Quadratmetern Verkaufsfläche bekommt das Kaufhaus ab September 2012 Center-Charakter.

Nach der Neueröffnung wird Sie in allen Abteilungen ein noch breiteres und tieferes Angebot als bisher erwarten. Insbesondere im Bereich des Sports wird eine ganz neue Welt entstehen.

Beim Sortieren und Gestaltung der Modewelten richten wir uns nach Ihren Gedanken und Wünschen.

Dieses Heft informiert Sie über Stackmanns weitere Schritte auf dem Weg in die Zukunft und gibt Ihnen einen Überblick über aktuelle Mode-Trends.

Ihr Dieter Stackmann